Das verschlossene Burgtor

Heute will ich euch eine Geschichte von Lukas erzählen. Lukas war sieben Jahre alt und lebte als Page auf der Burg Felsenstein. Ein Page war im Mittelalter ein Junge, der sich noch am Anfang seiner Ausbildung zum Ritter befand.

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Page Lukas auf Burg Felsenstein

Hastig polterte Lukas die Treppe des Burgturmes herunter. Heute war er spät dran, denn er war mit seinen Freunden aus dem nahegelegenen Dorf zum Ritterspielen verabredet.

Lukas stopfte sich den letzten Bissen seines Frühstücksbrotes in den Mund, steckte sein Holzschwert in die Halterung an seinem Gürtel und rannte den Weg zum Burgtor hinunter.

Doch er kam nicht weit. Vor dem Burgtor stand eine aufgeregte Menschenmenge. Es dauerte nicht lange bis Lukas erfuhr was los war. Das große Holztor am Eingang der Burg klemmte und ließ sich nicht öffnen. Niemand kam in die Burg hinein oder hinaus.

Der alte Torwächter war ratlos. Seit Jahren öffnete er jeden Morgen pünktlich zum Sonnenaufgang das große Tor am Eingang der Burg Felsenstein. Doch heute wollte Das Tor einfach nicht auf gehen.

„Wir brauchen Verstärkung!“ rief der Torwächter. „Sonst kriegen wir das Tor nicht auf.“

„Holt Ritter Konrad!“, rief ein Mann aus der Menge.

„Ja, der starke Konrad soll kommen. Der bekommt das Tor bestimmt auf.“ stimmte ein anderer zu.

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Der stäkste Ritter

Ritter Konrad war der kräftigste Mann auf der Burg Felsenstein. Er wurde auch Konrad der Starke genannt. Der kleine Lukas bewunderte ihn sehr. Wenn er groß ist, will er genau so stark und tapfer sein wie Ritter Konrad.

„Geh aus dem Weg, Kleiner. Du bist uns hier keine Hilfe.“ Lukas wurde von einem Mann beiseite geschubst. Er musste sich ganz hinten auf einen Eimer stellen, damit er überhaupt noch etwas sehen konnte.

Dann kam Ritter Konrad in seiner glänzenden Rüstung. Er stemmte sich mit aller Kraft gegen das Burgtor. Sein Kopf wurde ganz rot vor Anstrengung. Doch egal wie sehr er an dem Tor drückte und schob, es ging nicht auf.

„Helft mal alle mit!“ rief Konrad.

Die anderen Ritter kamen herbeigeeilt. „Hau ruck! Hau ruck!“ Mit aller Kraft drückten die Ritter gemeinsam gegen das Burgtor. Aber es bewegte sich keinen Zentimeter.

So langsam wurden die Menschen auf der Burg ungeduldig. „Gibt es denn keine andere Tür?“ fragte jemand. Aber es gab keine. Zum Schutz vor Feinden war die Burg Felsenstein extra so gebaut worden, dass es nur das große Holztor am Eingang gab. Kein anderer Weg führte in die Burg, die von hohen Mauern umgeben war.

„Wollt ihr uns denn nicht hereinlassen?“ Hörte man es von draußen rufen. Draußen vor dem Tor warteten bereits fahrende Händler, die in der Burg Felsenstein ihre Waren anbieten wollten. Aber keiner konnte ihnen aufmachen.

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Die stärksten Pferde

„Wir könnten es mit den Pferden versuchen“, schlug Ritter Konrad vor.

Lukas fand das eine gute Idee. Schließlich sind Pferde viel stärker als Menschen.

Die Ritter holten ihre Pferde. Mit dicken Seilen wurden die Pferde vor das Burgtor gespannt.

Dann gab Ritter Konrad das Kommando und auf „Los“ zogen alle Pferde gleichzeitig an dem Tor.

Gespannt warten die Menschen und natürlich auch Lukas darauf, dass sich das Tor nun öffnet. Doch das das Tor bewegte sich auch jetzt nicht.

Der alte Torwächter schüttelte ratlos den Kopf. „Geht nach Hause, Leute.“ sagte er. „Wenn selbst die stärksten Ritter und die besten Pferde das Tor nicht öffnen können, dann schafft es keiner. Wir sind eingesperrt.“

Enttäuscht gingen die Burgbewohner zurück in ihre Häuser.

***

Lukas gibt nicht auf

Als alle weg waren hatte Lukas die Gelegenheit, sich das Tor einmal genauer anzuschauen. Das Tor bestand aus stabilen Holzbrettern, die in der Mitte mit einen großen Riegel verschlossen wurden. Der Riegel war geöffnet, daran konnte es also nicht liegen. Auch die Scharniere aus Eisen, mit denen das Tor an der Burgmauer befestigt war, sahen gut aus.

Doch dann entdeckte Lukas etwas, was ihm seltsam vorkam. Ganz unten unter dem Holztor steckte ein Stein. Er war nicht groß. Etwa so groß wie eine Hand. Aber es sah so aus als würde der Stein unter dem Tor festklemmen. Dadurch war das Tor blockiert.

Lukas zog sein Holzschwert heraus, das er als Page immer dabei hatte. Mit seinem Holzschwert schaffte er es, den Stein unter dem Tor heraus zu schieben. Er hob ihn auf und steckte ihn ein.

Dann drückte er vorsichtig gegen das Tor. Und tatsächlich, jetzt wo der Stein weg war, ging das Tor ganz leicht auf.

Der Torwächter traute seinen Augen kaum. Da hatte doch der kleine Lukas ganz alleine das verschlossene Burgtor geöffnet.

„Jetzt muss ich mich aber beeilen,“ sagte Lukas. „Meine Freunde warten sicher schon auf mich.“

„Danke, Lukas!“ rief ihm der alte Torwächter noch nach.

Aber das hörte Lukas nicht mehr, denn er rannte schon so schnell er konnte ins Dorf zu seinen Freunden.


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