Kindergeschichte Thema Alzheimer und Demenz
Finn besucht jedes Wochenende seine Großeltern. Doch in letzter Zeit bemerkt er, dass sein Opa irgendwie anders ist. Seine Mama erklärt ihm, dass Opa eine Krankheit hat, wegen der er viele Dinge vergisst und verlernt. Finn möchte etwas tun und hat eine Idee, wie er seinem Opa helfen kann, sich zu erinnern.
Samstags kommt Finn
Heute ist Samstag. Der 7-jährige Finn ist bei seinen Großeltern zu Besuch. Wie jeden Samstag. Finn ist gerne bei Oma Lotte und Opa Paul. Sie essen gemeinsam zu Mittag und danach spielen sie zusammen im Haus oder gehen in den Garten.
Doch in letzter Zeit bemerkt Finn öfter, dass sein Opa irgendwie komisch ist. Früher hat Opa ihn immer am Samstag früh mit seinem kleinen roten Auto abgeholt. Unterwegs haben sie immer viel geredet. Opa wollte wissen wie es beim Fußball war und was sie in der Schule gemacht hatten.
Jetzt wird Finn von seiner Mama gebracht. Opa kommt ihn nicht mehr abholen. Und Opa fragt Finn auch nicht mehr wie es in der Schule war. So als ob es ihn gar nicht mehr interessiert.
Und dann war da letzte Woche die Sache mit den Erdbeeren.
Am letzten Samstag ist Finn nach dem Mittagessen in den Garten hinterm Haus gelaufen. Er wollte ein paar Erdbeeren pflücken.
Da stand Opa Paul auf einmal am Fenster. „He du, was machst du da in unserem Garten?“, rief er ärgerlich. „Verschwinde! Du hast hier nichts zu suchen“, schimpfte er und fuchtelte wild mit den Armen in der Luft.
Finn war ganz erschrocken. Er traute sich nicht mehr die Erdbeeren zu pflücken. Er lief zu Oma Lotte, die an der Gartentür stand. „Warum ist Opa denn böse auf mich?“ fragte Finn mit Tränen in den Augen. „Ich darf doch sonst auch immer Erdbeeren essen. Wir haben die Erdbeeren sogar letztes Jahr zusammen gepflanzt“, schluchzte er.
Oma Lotte nahm ihn in den Arm. „Der Opa meint es nicht so“, sagte sie mit tröstender Stimme. „Er hat dich nicht erkannt. Und da dachte er wahrscheinlich, jemand wollte seine Erdbeeren klauen.“
Da hatte Finn schon geahnt, dass sich etwas bei seinem Opa verändert hat.
„Der Opa ist ein bisschen vergesslich geworden“, sagt Oma.
Aber Mama sagt: „Opa hat Alzheimer.“ Das hat der Doktor festgestellt, bei dem sie mit Opa war.
Finn will wissen, was das ist. Seine Mama erklärt: „Alzheimer ist eine Krankheit, die manche Menschen bekommen, wenn sie alt werden. Das bedeutet, dass das Gedächtnis nicht mehr so gut funktioniert. Am Anfang sind es nur kleine Sachen, die man vergisst. Wo man seine Brille hingelegt hat zum Beispiel, oder in welcher Schublade die Socken sind. Aber mit der Zeit vergisst man immer mehr und manchmal erkennt man auch die Menschen nicht mehr, die man sehr gerne hat. Und man verlernt Dinge, die man früher einmal gut konnte. Deshalb fährt Opa nicht mehr mit dem Auto.“
„Kann der Doktor Opa nicht Medizin geben, damit er schnell wieder gesund wird?“, fragt Finn.
Seine Mama schüttelt den Kopf. Sie erklärt: „Opa hat zwar vom Doktor Tabletten bekommen, aber die können den Verlauf höchstens verlangsamen. Sie können Alzheimer nicht heilen und sie können die Erinnerung von Opa nicht wiederbringen.“ Dann fügt sie hinzu: „Aber wir alle können Opa unterstützen.“
„Wie denn?“, will Finn wissen.
„Wir können ihm helfen, sich an die Dinge zu erinnern, die er vergessen hat“, erklärt seine Mutter. „Wir müssen in Zukunft viel Geduld mit ihm haben. Wenn er uns nicht erkennt oder etwas Seltsames tut, dürfen wir ihm nicht böse sein. Er tut es nicht mit Absicht. Das kommt durch seine Krankheit.“
Am Abend denkt Finn lange darüber nach, was seine Mutter gesagt hat. Da hat er auf einmal eine Idee, wie er Opa Paul helfen kann.
Finn sucht ein Foto heraus, auf dem er zusammen mit seinem Opa drauf ist. Sie haben es im Sommer im Garten gemacht. Dann nimmt Finn einen Stift und schreibt seinen Namen auf das Bild. „Damit Opa nicht mehr vergisst, wer ich bin“, meint er. Und Opa Paul schreibt er auch gleich noch mit drauf. „Damit er nicht vergisst, dass er mein Opa ist“, sagt Finn.
Das Bild nimmt Finn am Samstag mit zu seinen Großeltern. Der Opa schaut das Bild neugierig an. Und bevor er fragen muss, wer da auf dem Foto zu sehen ist, sagt Finn es ihm: Schau Opa, das da bist du und da neben dir, das bin ich, dein Enkel Finn. Ich habe es für dich aufgeschrieben.“ Er deutet auf die Namen.
„Ein schönes Bild“, freut sich Opa.
Aber Finn hat noch etwas vorbereitet. Er hat auch ein Plakat gebastelt. „Samstags kommt Finn“ steht dort oben drauf. In extra großer Schrift, weil die Augen von Opa nämlich auch nicht mehr so gut sind wie früher. Und auf das Plakat hat Finn noch mehr Fotos aufgeklebt. Von sich, von Opa, von Oma und von der ganzen Familie. Sogar ein Foto von Kater Freddy ist mit drauf. Und überall stehen die Namen daneben.
Das Plakat will Finn im Wohnzimmer aufhängen. Oma hilft ihm dabei.
Opa sitzt in seinem Sessel und schaut gespannt zu. Dreimal fragt er zwischendrin, was sie da machen. Und dreimal erklärt Finn es ihm geduldig. Als das Plakat hängt, beginnt Opa zu klatschen. „Prima!“, ruft er.
Auch Oma und Finn freuen sich. So kann Opa Paul jeden Tag die Fotos betrachten und sich vielleicht ein bisschen besser erinnern.
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